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In der Presse: Der lange Weg in den alten Beruf Krankenschwester

Der Weg unserer „Qualifizierung Pflege“ Teilnehmerin Bernadett Eperjesi zur Arbeit als Fachkraft – eindrucksvoll dargestellt ein einem Artikel der Thüringer Allgemeinen Zeitung / Ingo Glase.

Aus Ungarn nach Thüringen: Der lange Weg in den alten Beruf

In allen Thüringer Kliniken arbeiten mittlerweile ausländische Ärzte und Pflegekräfte. Doch für ihren Traum, in deutschen Gesundheitseinrichtungen zu arbeiten, müssen sie einen langen und oft steinigen Weg gehen – so wie Bernadett Eperjesi aus Ungarn.
Erfurt. „Wir lernen an der medizinische Universität in Aserbaidschan und möchten im Sommer gerne ein Praktikum in der Gynäkologie und Geburtshilfe machen. Ist das möglich? Und wir brauchen Unterkunft und müssen schnell Visum machen. Bitte helfen Sie.“
E-Mails wie diese erreichen nicht nur das Katholische Krankenhaus in Erfurt. In allen Thüringer Kliniken arbeiten mittlerweile ausländische Ärzte und Pflegekräfte. Rund 1500 der etwa 10.000 in Thüringen arbeitenden Ärzte kommen aus dem meist osteuropäischen Ausland, thüringenweit arbeiten rund 1800 ausländische Pflegekräfte in der Gesundheits- und Krankenpflege oder Altenpflege, etwa 1000 kommen aus osteuropäischen Ländern.

Löhne im ungarischen Gesundheitswesen sind nicht hoch
Doch für ihren Traum, in deutschen Gesundheitseinrichtungen zu arbeiten, müssen die Ärzte und Pflegekräfte einen langen und oft steinigen Weg gehen. Das hat auch Bernadett Eperjesi aus einem Dorf in der Nähe der Stadt Pecs im Süden Ungarns erfahren müssen.
Es waren finanzielle Gründe, die die 38-jährige, gut ausgebildete OP-Fachkrankenschwester und ihren Lebensgefährten, einen Anästhesie-Pfleger, zu diesem Schritt brachten: „Wir hatten uns ein Haus gekauft – in Schweizer Franken. Doch der ungarische Forint verliert immer weiter an Wert, so dass wir bald mit unserer Arbeit die Raten nicht mehr bezahlen konnten. Die Löhne und Gehälter im ungarischen Gesundheitswesen sind nicht so hoch. 500 Euro waren für mich das Maximum.“
Da kam das Angebot einer ungarischen Agentur mit Eisenacher Partnern, die 2014 Pflegekräfte für Thüringen suchte, gerade recht.
Und anfangs erschien alles seriös: „Sie wollten sich um alles kümmern, den Sprachkurs, die Anerkennung, eine günstige Wohnung. In wenigen Wochen sollte alles erledigt sein. Sogar ein Besuch im Eisenacher Krankenhaus wurde organisiert.“ Bernadett Eperjesi und ihr Freund nahmen das Angebot an, zogen nach Eisenach – und nichts klappte mehr. Wochenlang ließ die Agentur sie hängen, vertröstete sie. Kein Sprachkurs, keine Arbeit.
Dann machte sich die Krankenschwester selbst auf die Suche, mit erstem Erfolg, eine Zeitarbeitsfirma vermittelte sie als Pflegekraft in ein Altenheim in Gebesee bei Erfurt, das sie später auch übernahm. Ein bisschen Deutsch konnte Bernadett Eperjesi bereits sprechen – sie hatte es in der Schule gelernt.

Studierte Mediziner arbeiten als Paketboten
Über zwei Jahre lang arbeitete die Ungarin in Gebesee, gern, aber weit unter ihren Möglichkeiten. Mehrere Zertifikate belegen ihre gute Ausbildung in verschiedenen medizinischen Bereichen. Dann, fast drei Jahre nach ihrer Ankunft in Thüringen, vermittelte das Arbeitsamt Bernadett Eperjesi an das in Erfurt ansässige Institut für Berufsbildung und Sozialmanagement IBS, dass im Rahmen des bundesweiten Förderprogramms „Integration durch Qualifizierung“ mit verschiedenen Projekten ausländische Fachkräfte aus unterschiedlichsten Bereichen durch die Anerkennungsverfahren begleitet.
„Gesundheitsfachberufe sind reglementierte Berufe, das heißt, ein Anerkennungsverfahren war zwingend notwendig um eine qualifikationsadäquate Anstellung als Fachkraft zu bekommen“, erklärt Katinka Will von der IQ Servicestelle Gesundheitswirtschaft beim IBS. „Es gab deutliche Unterschiede in den von Frau Eperjesi absolvierten Ausbildungen und Zusatzqualifikationen und der deutschen Ausbildung der Gesundheits- und Krankenpflege, dadurch war keine automatische Anerkennung möglich.“
Trotz einer Universitätsausbildung besuchte die Ungarin zum Ausgleichen der Ausbildungsunterschiede ein Jahr lang die „Qualifizierung Pflege“, die sie über das Konzept des integrierten Fach- und Sprachlernens auf die mündliche und die praktische Fachkenntnisprüfung vorbereitete. Beim Praktikum im Katholischen Krankenhaus in Erfurt war man dort von ihr so begeistert, dass man ihr eine Festanstellung anbot, nachdem sie alle Prüfungen erfolgreich bestanden hatte.
„Die meisten ausländischen Kolleginnen und Kollegen kommen nur auf solchen Umwegen in ihren Beruf zurück – trotz Pflegenotstand“, weiß Sebastian Hübner, Pflegedienstleiter im KKH Erfurt: „Sie werden unter falschen Vorstellungen nach Deutschland gelockt – und dann allein gelassen.“

Interesse der Krankenhäuser an ausländischem Personal ist riesig
Durch die fehlenden Sprachkenntnisse und beruflichen Nachweise arbeiten viele Bewerber erstmal weit unter ihrem Niveau, oft auch in artfremden Berufen, etwa in Schnellrestaurants oder als Paketboten, weil sie nicht wissen, wer ihnen helfen kann. Und so greift das IQ Netzwerk den meisten Bewerbern erst unter die Arme, wenn sie schon in Thüringen sind. Nur wenige informieren sich vorab über das Internet aus ihrem Heimatland beim Erfurter Weiterbildungsinstitut oder anderen Projektpartnern im Thüringer IQ Netzwerk.
„Aber das Interesse der Krankenhäuser an ausländischem Pflegepersonal ist riesig“, weiß Daniela Gareis, Projektleiterin der Qualifizierung Pflege beim IBS in Erfurt. „Wenn diese Projekte und Unterstützungsmaßnahmen bereits in den Heimatländern der Menschen bekannt gemacht werden könnten, würde vielleicht den unseriösen Personalvermittlern der Nährboden entzogen“.
Dann wäre auch Bernadett Eperjesi aus Ungarn viel Kummer erspart geblieben. „Als ich herkam, hatte ich keine grauen Haare“, verrät sie. „Jetzt schon.“

Ingo Glase / 25.05.17
Quelle: Thüringer Allgemeine Zeitung

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